Auf der Suche nach dem Ursprung
Ich bin in einem kleinen Dorf in den Bergen, umgeben von beeindruckenden Wäldern, aufgewachsen. Holz hat dort seit jeher eine besondere Bedeutung: Die traditionellen Häuser sind aus Stein und Holz. Die meisten Werkzeuge waren aus Holz. Die Wiesen sind übersät mit hölzernen Heustadeln. Hier ist man stolz auf eine lange Tradition der Holzverarbeitung und des Holzhandwerks.
In der kleinen Stadt, in der ich später lebte, gab es zwar hin und wieder Kunstausstellungen, aber Gegenwartskunst lernte ich zuerst in Form von gedruckten Reproduktionen kennen. Auch die wenigen Originale von berühmten Künstlerpersönlichkeiten, die ich zu sehen bekam, waren meist Drucke. Und als für mich feststand, dass ich mein Leben der Kunst widmen werde, war es die gedruckte Kunst.
Historisch betrachtet war das Drucken ein aufwändiger und arbeitsintensiver Vorgang, der Texten und Bildern von Bedeutung vorbehalten war. Sorgfältig wurde überprüft und ausgewählt, was gedruckt werde sollte und den Einsatz rechtfertigte.
Während ich an der Akademie der bildenden Künste in Wien Druckgrafik studierte, hatte ich die Gelegenheit, das Handwerk in allen möglichen Drucktechniken zu erlernen, mit Ausnahme des Holz- und Linolschnitts. Da meine Arbeiten ästhetische Nähe zum Holzschnitt zeigten, wurde mir dieses Defizit umso offensichtlicher und ich verlegte mich im Besonderen auf den Holzschnitt.
Bei meinen Experimenten mit dem Holzschnitt war ich auf mich gestellt. Die Arbeit mit dem Holz war wunderbar, es war vertraut und inspirierend zugleich. Aus Holz waren die Träume meiner Kindheit gezimmert. Meine Arbeiten waren roh und ungezähmt, ich war begeistert von der kraftvollen Sprache, die mir diese Technik ermöglichte.
Es zeigte sich aber, dass es nicht einfach war, diese expressive Kraft in meinen Drucken zu erhalten. In Wirklichkeit waren es die Fehler, die ich beim Schneiden machte, die meine Drucke für mich attraktiv erscheinen ließen. Meine Begeisterung wurde zum Feind meines Erfolgs im Holzschnitt, da mit der Übung die Fehler verschwanden.
Die Suche nach Wegen aus diesem Dilemma brachte mich zur Einsicht, dass nur das Erlernen und Beherrschen der Technik von Grund auf die Lösung sein konnte. Nach der Lektüre eines Buches über die Arbeit von Katsushika Hokusai wusste ich, dass ich diese Lehre in Japan antreten musste. Was ich wenig später auch tatsächlich tat.
Obwohl ich in Japan die Technik zu beherrschen lernte, entschied ich mich für eine andere Richtung – ich tauschte die feinen Messer gegen Steine ein. Mit diesen begann ich, am Boden sitzend wie unsere steinzeitlichen Vorfahren, ein Relief aus der Platte zu schlagen. Das grobe Werkzeug ließ es nicht zu, mich in Details zu verlieren, ich sah Bilder und Zeichen im Holz erscheinen und wieder verschwinden, unterschiedliche Schichten von Bildern zeigten sich und das mit Steinen geschlagene Holz konnte nicht nach der üblichen Methode gedruckt werden.
Ich begann zu verstehen, dass in meiner Arbeit der Holzschnitt etwas ganz Anderes geworden ist als er es in den Jahrhunderten zuvor gewesen war. Ich nutzte ihn zur Produktion von Bildern, nicht zu ihrer Reproduktion. Ich begreife das Schaffen eines Druckes als eine Abfolge von Entscheidungen, die Teil eines kreativen Prozesses sind und sich in Form eines Druckes manifestieren. Der Holzblock und seine Herstellung sind für mich von gleicher Bedeutung wie der Druck und wenn der Druck nicht mit der Intention erfolgt, das Abbild von etwas Anderem zu erzeugen, werden bestimmte Qualitäten des Holzblocks selbst sichtbar.
Ich arbeite immer noch im Holzschnitt, denn er gibt mir Autonomie, die Kontrolle über den gesamten Prozess der Herstellung. Heute sind KünstlerInnen nicht mehr auf die Verwendung weniger historischer Techniken beschränkt, es stehen zudem sämtliche Möglichkeiten digitaler Prozesse und Werkzeuge zur Verfügung. Das macht die Entscheidung, analog zu arbeiten, zu einer bewussten, die für die Rezeption der Werke eine besondere Bedeutung erlangt.