Xylographie Radicale
Von Dieter Schrage
Michael Schneider, einer der bei Prof. M. Melcher an der Akademie der bildenden Künste in Wien ausgebildeten, vorzüglichen Druckgraphiker, verwirklicht sich in seinem künstlerischen Schaffen vor allem als Holzschneider. Dabei ist ihm zunächst das Holz, das Brett, der werdende Druckstock wichtig. Meist „findet“ er sein Holz auf Baustellen oder ähnlichem. Die Spuren des Gebrauchs - und somit die Verwendung in der Zeit -, das Altern des Holzes sind ihm wesentlich. Diese Spuren sowie das Materialhafte, die Maserungen, die Augen der Astansätze führt er gestaltend in seine nicht-gegenständlichen Kompositionen über: ein sensibles Spiel von dunklen, wenig bearbeiteten Flächen, geschnittenen Linien und ausgehobenen hellen Bildräumen. Er KULTiviert schneidend seinen Holzstock, der dann oft auch objektartig (so 1991 in der Ausstellung im Theseustempel in Wien) präsentiert wird. Stock und Blatt; wobei Michael Schneider immer mehr davon abgeht, auch nur Kleinserien seiner Druckgraphiken (etwa 3 Stück) aufzulegen. Seine gedruckten Bilder bleiben immer mehr Unikate, und in der Konsequenz der von ihm betriebenen radikalen Xylographie wird er vielleicht eines Tages nur noch den Druckstock, das gefundene und KULTivierte Holz, als Werk präsentieren.
Aus: Schneider, Michael: Ding O.T. - HOLZSCHNITTE. Landeck 1993 (Katalogrückseite)
Dr. Dieter Schrage (1935 - 2011) war Kunsthistoriker in Wien.